„In Gottesgrün ist alles anders als normal“
Viel versprechende Gesprächsrunde als Auftakt zum Dorffest
Gottesgrün. Jedes Jahr im August feiern die Gottesgrüner ihr traditionelles Dorffest. Am vergangenen Wochenende war es wieder so weit und man konnte auch zahlreiche Gäste aus den umliegenden Orten begrüßen.
Gewohnheitsgemäß eröffnete der Mohlsdorfer Männerchor am Freitag die Veranstaltung vor etwa 35 Zuhörern. Sieben Lieder sangen sie unter Leitung von Herrn Kolditz, welcher sich zwischenzeitlich entschuldigte, „dass wir ausgerechnet das Glockenläuten in Gottesgrün versaut haben“. Dies sei „nicht wieder gut zu machen“.
Die anschließende Gesprächsrunde „Gottesgrün – ein Dorf hat sich entwickelt – wie haben wir es geschafft und wie geht es weiter?“ sollte einen Höhepunkt des Dorffestes darstellen. Zwar lief sie eher schleppend an und die Zahl der Redner war auch nicht überragend, aber durch sachliche und emotionale Beiträge kamen einige Dinge zur Sprache und es wurden Anregungen für das zukünftige Dorfleben gefunden.
„Wichtig ist, dass die Bürger sich melden und sich einbringen“, äußerte Bürgermeister Christian Häckert (CDU) im Laufe der fünfzig Minuten dauernden Runde und sprach damit ein Thema an, was einen Großteil der Diskussion einnehmen sollte. Nachdem sich Rolf Gürtler, Vorsitzender des Feuerwehrvereins, für die Gründung eines Ortschaftsrates ausgesprochen hatte, erläuterte Gemeinderat Klaus Rohleder den Umstand, dass von 3000 Bürgern der Gemeinde bei Gemeinderatssitzungen maximal fünf im Publikum sitzen; er sähe die Gefahr mangelnder Bereitschaft für dieses Ehrenamt. „Im Dorfgemeinschaftshaus ist jeden Sonntag Frühschoppen“, entgegnet Reiner Noppeney und regt an, monatlich das Frühschoppen unter ein bestimmtes Thema zu setzen und zu besprechen, wie die Gottesgrüner darüber denken, bzw. welche Wünsche sie haben. Der Bürgermeister, der im Feuerwehrverein schon einen erweiterten Ortschaftsrat sieht, kommentiert: „Jeder Ortsteil soll seinen Weg suchen“.
Ein Punkt, der bei einem solchen Themen-Frühschoppen angesprochen werden könnte, ist der von der 13-jährigen Dominique Gürtler angeregte Kinderspielplatz. Sie äußerte vor den etwa vierzig Zuhörern den Wunsch der Dorfjugend, einen Kinderspielplatz zu errichten, mit welchem Christian Häckert dann aber gern Kinder verschiedenen Alters erreichen will. Kräuterfrau Cornelia Seidel brachte den Vorschlag, den Spielplatz mit einer Kräuterumrandung zu versehen. Diese Idee schränkte Häckert mit den Worten „solange dort kein Cannabis angebaut wird“ ein und gab damit Anlass zum größten Applaus des Abends.
Dass die Dorfjugend auch beachtet werden muss, zeigt ein Blick in die Statistik: in Gottesgrün liegt der Kinderanteil laut Gürtlers Recherchen zwei Prozent höher als im Gemeindedurchschnitt – 36 Kinder seien unter 14 Jahre alt.
Aber auch die Versorgung der Gemeinde mit DSL-Anschlüssen wurde thematisiert, wobei der Bürgermeister zumindest den Ortsteilen Kahmer und Gottesgrün für 2010 eine Absage erteilen musste; Ziel der Landesregierung wäre es aber, alle Thüringer Haushalte bis 2012 anzuschließen.
Nicht zuletzt die Verwaltungsgemeinschaft mit Berga und Teichwolframsdorf bzw. die eventuell auch anders orientierte Zukunft der Gemeinde Mohlsdorf kamen zur Sprache. Hier äußerte Christian Häckert Bedenken aufgrund einiger Erfahrungen, die man in den zwei Jahren Verwaltungsgemeinschaft gesammelt habe und bekräftigte im Hinblick auf das Bürgerbüro: „Wir werden in Mohlsdorf unsere Geschäfte erledigen – das habe ich euch versprochen“.
Die Gemeinde wolle auch versuchen, Gottesgrün noch einmal in das Dorferneuerungsprogramm aufzunehmen, weil beim ersten Mal nicht wirklich viel erreicht worden sei.
Der Bürgermeister, der sich gewohnt publikumsnah zeigte und auf die Höflichkeitsform in seinen Ausführungen weitestgehend verzichtete, beendete die Runde mit dem Appell: „Macht weiter so, meldet euch, bringt euch ein; schimpft auch mal – auch über den Bürgermeister – das gehört auch dazu!“
Im Anschluss stand gemütliches Beisammensein auf dem Plan, das bis in die Morgenstunden andauerte.
Der Hauptteil des Festes fand am Samstagnachmittag statt und wurde durch den Schulchor der Freien Regelschule Reudnitz unter Leitung von Herrn Dietzsch eröffnet, welcher verschiedensprachige Titel – zum Teil mehrstimmig – vortrug. Den Anschluss bildete die Tanzgruppe der Grundschule Mohlsdorf, welche die mit Frau Michalak eingeübten Tänze den zahlreichen Zuschauern darbot. Zuletzt führte die Jugendfeuerwehr einen Löschangriff vor.
Viel geboten wurde auch zwischendurch: die Kreisjägerschaft hatte ihren Info-Hänger aufgebaut, eine Schießbude und Torwandschießen standen bereit und es wurde wieder um einen Hammel und andere Sachpreise gekegelt. Highlight für die Kinder und Jugendlichen war sicher der gemietete Bagger, mit dem verschiedene Geschicklichkeitsaufgaben zu absolvieren waren. Auch beliebt waren das Quadfahren und natürlich die Hüpfburg.
Nachdem er den ganzen Tag den etwa 200 Gästen eine musikalische Umrahmung geboten hatte, bat DJ Lars Rohleder am Abend die Gäste, das Tanzbein zu schwingen und versüßte ihnen dies mit neuen und älteren Titeln verschiedener Genres, sodass beim letzten Titel gegen 01:30 Uhr immer noch dreißig Personen beim Dorffest zu zählen waren.
Der Feuerwehrverein als Veranstalter des Dorffestes freut sich auch in diesem Jahr über den Erfolg und dankte allen, die zum Gelingen des Dorffestes beigetragen haben. So sind nicht nur die Sänger des Mohlsdorfer Männerchores, sondern vor allem auch die Gäste wieder eingeladen, wenn es 2011 heißt „Dorffest in Gottesgrün“.
„Ich darf mal aus dem Herzen was erzählen“
Nicht nur Klaus Rohleder, auch einige andere Dorfbewohner sprachen mit Herzblut über das, was in Gottesgrün geschehen ist und was künftig geschehen sollte.
So gab es viele Momente, in denen man merkte, dass den Gottesgrünern ihr Ort wichtig ist. Von „Irgendwas wird wieder entstehen und das ist das Schöne in Gottesgrün“ über „Ich bin gerne Gottesgrüner“ bis hin zu „Wer uns besucht, soll Gemeinschaft erkennen – und das haben wir bis jetzt bewahrt. Dafür bin ich dankbar.“ reichten die Kommentare aus den Reihen der Zuhörer, die den Stolz über das Erreichte ausdrücken.
Nun gilt es, die Ideen, die diesem Stolz entwachsen zu bündeln und in ein „Gottesgrün der Zukunft“ zu leiten. Dabei spielt – wie immer in der Politik – die Meinung jedes Einzelnen eine wichtige Rolle. Bürgermeister Christian Häckert sieht die Frage „Wie bringt der Einzelne sich ein?“ als ein Problem unserer Zeit. Mit dem eventuellen Themen-Frühschoppen könnte Gottesgrün es schaffen, dieses Problem zu beheben – denn wie haben wir schon gelernt: „In Gottesgrün ist alles anders, als normal“…
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